Unter dem Titel „Wirtschaft macht Wohnen“ hat RegioKontext das Mitarbeiterwohnen untersucht. Bundesweit wurden konkrete Beispiele für eine zeitgemäße Interpretation der langen Werkswohnungs-Tradition in Deutschland ausgewertet. Denn offenkundig gibt es einen neuen Trend, dass Arbeitgeber die Wohnsituation ihrer Mitarbeiter gezielt in den Blick nehmen – insbesondere dann, wenn enge Wohnungsmärkte und Fachkräftemangel zusammenkommen.
Hier die wichtigsten Ergebnisse der im Sommer 2016 vorgestellten Studie:
Angespannte Wohnungsmärkte: Neue Lösungsbeiträge gesucht!
In etlichen Regionen Deutschlands verengen sich seit einigen Jahren die Wohnungsmärkte. Gerade in wirtschaftlich prosperierenden Ballungsräumen werden bezahlbare Wohnungen zur Mangelware. Die bestehenden quantitativen Defizite lassen sich nicht ohne Weiteres beseitigen. Umso gefragter sind auch neue, innovative Lösungsansätze.
In der Vergangenheit trugen Werkswohnungen maßgeblich zur Marktentlastung bei.
Die derzeitige Marktanspannung in etlichen urbanen Mietwohnungsmärkten in Deutschland ist in Teilen auch auf den Rückzug privater und öffentlicher Unternehmen aus dem Bau und Betrieb von Wohnungen zurückzuführen. Bundes- und landeseigene Unternehmen, Bahn und Post, aber auch große Unternehmen der privaten Wirtschaft bauen schon seit langem nicht mehr. Hier sind wichtige Wohnungsbauakteure teilweise vollständig weggebrochen, viele unternehmenseigene Wohnungen und ganze Wohnungsunternehmen sind im Zuge der allfälligen Konzentration auf das Kerngeschäft verkauft worden.
Der Trend dreht sich: Mitarbeiterwohnen gewinnt neue Relevanz.
Das Thema betrieblich gestellter Wohnungen für Mitarbeiter erlebt derzeit eine Renaissance – allerdings nicht als flächenhaftes Phänomen, sondern unter vielfältigen, oft sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Was lange als Selbstverständlichkeit angesehen wurde, nämlich die Sicherheit des Wohnens für Beschäftigte, ist in einigen Regionen für die Unternehmen zu einem relevanten Standortfaktor geworden. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Fachkräfteknappheit gewinnen nicht-monetäre Leistungen an Bedeutung bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber, und zwar – das zeigen auch die untersuchten Praxisbeispiele – in völlig unterschiedlichen Lohn- und Gehaltsgruppen. Der Wohnungsmarkt wird zunehmend zum relevanten Standortfaktor, entsprechend beginnt sich die Personal- und Standortpolitik gewerblicher Unternehmen neu auszurichten.
Aber: Der traditionelle Werkswohnungsbau ist als Blaupause nicht geeignet.
Es braucht eine zeitgemäße Herangehensweise, um die aktuellen Herausforderungen, die sich weniger flächendeckend und mehr branchenspezifisch und regional darstellen, zu bearbeiten. Das belegen auch die mehr als 20 bundesweit ausgewerteten Praxisbeispiele. Die im Zuge dieser Studie analysierten Fallbeispiele zeigen eine große Bandbreite von Unternehmen und Ansätzen. Dies verdeutlicht: Mitarbeiterwohnen ist kein Nischenthema mehr. Die Studie systematisiert die Praxisbeispiele und stellt modellhaft dar, wie Lösungsansätze zu zentralen Fragen und Diskussionspunkten aussehen.
Ein effektiver Weg für gewerbliche Unternehmen: Die Kooperation mit einem wohnungswirtschaftlichen Partner.
Drei idealtypische Organisationsmodelle zeigen die Bandbreite an Lösungswegen in der Frage des Mitarbeiterwohnens auf. Zwei der drei skizzierten Organisationsmodelle basieren auf einer mehr oder weniger starken Kooperation mit einem externen Partner. Die Art der Kooperation beeinflusst dabei vor allem Risiko und Aufwand, aber auch mögliche Renditepotentiale und Gestaltungsmöglichkeiten, die beim Bau von Unternehmenswohnungen entstehen. Gibt es unternehmensinterne Flächen, die für eine Bebauung in Frage kommen, hat auch das großen Einfluss auf die Ausgestaltung des Bauvorhabens und kann sich stark auf die spätere Miethöhe auswirken, wie kalkulatorische Beispielrechnungen zeigen.
Mitarbeiterwohnen ist zu bezahlbaren Mieten realisierbar.
Dort, wo es besonders benötigt wird, nämlich vor allem in Ballungsräumen und unter angespannten Wohnungsmarktbedingungen, kann das Mitarbeiterwohnen zu vertretbaren Mieten realisiert werden – insbesondere dann, wenn unternehmensseitig eigener Baugrund eingebracht wird. Die modellhafte Kalkulation führt (unter verschiedenen kalkulatorischen Prämissen) zu beispielhaften Nettokaltmieten von 8,79 bis 12,72 Euro pro m2 Wohnfläche – ohne dass eine Vergünstigung im Sinne eines (steuerpflichtigen) geldwerten Vorteils einfließt. Das entsprechende Wohnungsangebot bringt damit alle Voraussetzungen für ein bezahlbare Lösung mit – und dies für qualitativ hochwertige Wohnungen nach aktuellen energetischen und sonstigen Standards. Damit wird ein Wohnungsangebot geschaffen, das auch mittelfristig vermietbar und marktfähig ist – ggf. auch jenseits des Mitarbeiterwohnens am freien Wohnungsmarkt. Mit diesem Modell kann ein Unternehmer beispielsweise einen perspektivischen Beitrag zur eigenen Altersvorsorge schaffen und gleichzeitig die Wettbewerbsposition des Unternehmens verbessern – gerade bei einigen mittelständisch geprägten Praxisbeispielen ein nicht untypisches Vorgehen.
Reine Lohnzulagen ändern nichts am Wohnungsangebot – Mitarbeiterwohnen schon.
Auch über das direkte Verhältnis von Arbeitgeber und Beschäftigten hinaus können Aktivitäten zum Mitarbeiterwohnen einen wichtigen Beitrag bei der Entlastung angespannter Wohnungsmärkte leisten – anders als reine Lohnzulagen, die zwar dazu beitragen, die Folgen eines angespannten Wohnungsmarktes für den einzelnen Mitarbeiter abzumildern. Sie sind jedoch unter Umständen dauerhaft kostenwirksam für das Unternehmen – und sie ändern nichts an bestehenden Angebotsknappheiten auf dem Wohnungsmarkt. Zwar werden die jeweiligen Beschäftigten durch die Lohnzulagen im Wettbewerb um Wohnraum bessergestellt. Nachhaltig preisdämpfend wirkt jedoch nur die Ausweitung des Wohnungsangebots durch den Bau neuer Wohnungen.
Mitarbeiterwohnen trägt insgesamt zur Entlastung angespannter Wohnungsmärkte bei. Dies sollte die öffentliche Hand unterstützen.
Die Forderungen der auftraggebenden Verbände finden sich u.a. in der Kurzfassung.
Die vollständige Studie kann hier geladen werden.
akktualisiert: 16.03.2017